Wasserdaten um 16.35 Uhr:
- Abflussmenge: 91 m3 pro Sekunde
- Wasserstand: 501.95 m ü. M.
- Temperatur: 5.8 Grad Celsius
Jeweils den Wasserstand der Aare in Metern über Meer anzugeben ist wenig aufschlussreich. Damit werden keine Fragen zu Pegelstand und Wassertiefe vor Ort beantwortet. Jedoch ist diese Information für mich auf dem Internetportal des Bundesamtes für Umwelt abrufbar. Die Abteilung Hydrologie sorgt dafür, dass die Daten laufend aktualisiert werden.
Unsere Messstation, die „Aare-Bern, Schönau (2135)“, befindet sich 2,25 Kilometer flussabwärts entfernt und liegt 2.80 Meter tiefer als die Fähre. Folglich ist obenstehende Angabe für unseren Standort stets um etwa 2.80 Meter zu tief angegeben.
Diese Ungenauigkeit könnte ich korrigieren, doch dann liegen die nächsten Schritte nicht fern, auch die Abflussmenge und die Temperatur der Aare zu hinterfragen. Sie werden ebenfalls in der Schönau gemessen. Genaue Daten für den Standort der Fähre zu ermitteln, wird enorm aufwändig und kompliziert. Deshalb ist es naheligend, die Angaben so zu belassen wie sie sind und die Messdaten als Referenzangaben zu betrachten. Was jedoch mit Schnur, Stein und Meter messbar ist, ist die effektive Wassertiefe der Aare.
Wassertiefe der Aare, aus der Fähre gemessen:
Um 16.35 Uhr:
- Wabernseite, 3 Meter vom Ufer entfernt: 123 cm
- Aaremitte: 204 cm
- Muriseite, 3 Meter vom Ufer entfernt: 221 cm
Tiefst- und Höchstwerte, Muriseite, 3 Meter vom Ufer entfernt:
- Bei Wassertiefstand, 32 m3 pro Sekunde: 129 cm
- Bei Hochwasser, 620 m3 pro Sekunde: 501 cm
„Kann ich gleich für die Hin- und Rückfahrt lösen?“ fragt der hagere Mann in Begleitung einer molligen Dame beim Einsteigen.
„Nein, das geht leider nicht“, antworte ich.
„Warum denn nicht? Wir gehen nur einen Kaffee trinken und fahren dann wieder zurück.“
„Wir führen nur Fahrkarten für Einzelfahrten und sind diese mal abgerissen, sind sie entwertet. Und dann kann vieles geschehen. Es beginnt zu regnen und sie bestellen ein Taxi. Oder sie entscheiden sich einen anderen Weg einzuschlagen.“
„Oder das Seil reisst und sie sind gar nicht mehr da, wenn wir zurückkommen“, schliesst der hagere Mann.
Das Wetter ist stürmisch, die Sonne bricht manchmal kurz durch die dunkle Wolkendecke, die rasch gegen Südwesten zieht. Hin und wieder verirren sich Schneeflocken über der Aare. Bei der Überfahrt fotografiert die Dame den hageren Mann, der steif dasitzt und sein Gesicht zu einem Lächeln verzieht.
„Was würden sie tun, wenn das Seil reisst?“, fragt der Mann auf einmal.
Diese Frage wird mir oft gestellt und ich greife auf verschiedene Antworten zurück. Heute sage ich:
„Ich würde mit ihnen bis ins Marzili fahren. Dann hätten sie immer noch da die Möglichkeit einen Kaffee trinken zu gehen.“
Der Mann teilt meinen Humor nicht und legt seine Stirn in Falten. Doch nun ist es zu spät für eine der folgenden Antworten:
- Wenn sie Zeit haben, fahren wir bis Rotterdam.
- Wie weit möchten sie fahren? Der Preis ist Verhandlungssache.
- Können sie rudern?
- Rette sich wer kann! Frauen und Kinder zuerst!
- Ich würde mit ihnen bis ins Eichholz fahren. Da befindet sich die erste ruhige Anlegestelle (einzige fachmännische Antwort).
Als die beiden Gäste aussteigen, erblicke ich den Zaunkönig auf einem Steinblock der Uferböschung. Sein helles Gefieder leuchtet in der Sonne, die soeben durchbricht und sogar die kleinen Sprenkel auf seinen Federn sind erkennbar. Zuoberst auf der Treppe angekommen dreht sich der Mann zu mir um und sagt:
„Sie müssen wissen, auf dem Wasser habe ich einfach Angst. Aber wenn wir nicht mehr zurückfahren, dann ist es nicht wegen meiner Angst, sondern weil etwas anderes dazwischengekommen ist.“
Er lächelt, dreht sich um und geht zum Fähribeizli.