Mythos des Fährmanns, Teil 3
Heute gelangt der Mythos des Fährmanns in alle möglichen Sparten und er mausert sich nicht selten in eine grausame, todbringende Gestalt.
Isabell Valentin schreibt in ihrem Krimi ‚Der Fährmann’:
„Sein Leben in meiner Hand. Ich bestimme, wann und wie es enden wird. Ich bin sein Gott.“ Darauf wird ein älterer Mann ermordet aufgefunden und auf seinen Augen liegen Münzen.
Jüngst wurde ein Krimi im Fernsehen ausgestrahlt. Der Kommissar schwebt zwischen Leben und Tod. Er sitzt in einem Spreewaldkahn, es ist Nacht und der Mann, der ihn durch den Fluss stakt, trägt einen langen, schwarzen Mantel. Der Fährmann ist ein Mann, der sich das Leben nahm.
„Wenn Sie tot sind, was bin ich dann?“, fragt ihn der Kommissar.
Der Fährmann schweigt.
„Wohin fahren wir?“, fragt der Kommissar weiter, zwei Münzen in der Hand.
„Das entscheiden sie“, antwortet der Fährmann.
Die Fähre scheint vorwiegend eine Männerdomäne gewesen zu sein. Immerhin ist auf Arnold Böcklins Gemälde ‚Die Toteninsel’ aus den 1880er Jahren mit ziemlicher Sicherheit eine Frau am Ruder zu sehen. Diese Annahme wird bestärkt durch den Stil der Frisuren im 19. Jahrhundert: Lange Haare waren für Männer total aus der Mode. Doch scheint eine Fährfrau so unvorstellbar zu sein, dass selbst der Kurator Stefan Banz in seiner Analyse und Betrachtung der Toteninsel festhält:
„… Der Insel vorgelagert sehen wir ein einsames Ruderboot mit einem langhaarigen, zierlich wirkenden Fährmann in Rückenansicht… dann stellen wir fest, dass der feminine Fährmann das Boot gar nicht auf die Toteninsel zusteuert. …“
Heute gibt es sie, die Fährfrauen – auf der Aare, auf dem Rhein, auf dem Meer. Und da sind die Fährfrauen von Rorbas, die Menschen und deren Angehörige beim Sterben begleiten:
„Tod und Abschied gehören so nahe zum Leben wie Werden und Wachsen.“