Sonntag, 23.09.2018

„Schau, Tim, schau, jetzt kommt er. Schau jetzt, ja, schau jetzt. Nicht Angst haben, Bubu. Schau, jetzt legt er an. Ja, geil, schau, ja, jetzt legt er an. Jetzt kommt er, ja, jetzt kommt er raus. Ja, schau, jetzt macht er das Boot fest. Ja.

Guten Tag. Ja, sag auch grüessech, Bubu, grüessech. Sag schön grüessech. Schau, das ist der Fährmann. Ja, komm, Bubu. Ja. Komm, einsteigen. Einen kleinen Moment, dann haben wir ihn. Ja, einsteigen, Bubu. Komm jetzt, hopp. Nur ein kleiner Moment. Tim, einsteigen jetzt. Hopp. Tim. Tim! Da. Da, schau ein Gutzeli, ja, sei brav jetzt. Hopp jetzt. Schau ein Gutzeli. Hopp. Sooo, jetzt haben wir ihn. Ja, da. Noch ein Gutzeli. Ja. Schön brav, Bubu, geil machst du das. Ja, es wackelt. Es wackelt, Tim. Wieviel macht das? Ja. Da. Drei Franken. Nein, Bubu, der hat keine Gutzeli. Das ist eine Brieftasche. Da hat er das Geld drin. Schau jetzt bekommst du auch eine Fahrkarte. Grün und ich gelb. Ja. Schau. Tim, schau. Jetzt macht er das Seil los. Schau jetzt. Jetzt kommt er auch mit. Jetzt nicht Angst haben, Bubu. Jetzt spannt sich das Seil. Hoppla, jetzt spannt sich das Seil. Nein, da, komm, da, sitz. Ja, brav. Geil machst du das. Und mit Frauchen schwimmst du in der Aare. Jetzt fährst du. Ja. Geil, gell. Du fährst auf der Aare. Schau, jetzt legen wir an. Schau jetzt. Schau. Achtung, jetzt legen wir an, Tim. Geil machst du das. Hoppla. Jetzt steigt zuerst der Mann aus. Ja. Macht das Seil wieder fest. Ja jetzt können wir aussteigen. Geil machst du das, Bubu. Tim, da, noch ein Gutzeli. Ja. Brav. Geil. Weltklasse machst du das. Weltklasse. Ja, super. Weltklasse.“
Der Mann ist etwa dreissig jährig, dünn, mit schwarz gefärbtem Haaren, eingefallenen Wangen und einem wilden Blick. Tim ist eine Strassenmischung, klein und rot wie ein Fuchs und schreckhaft.

„Haben sie nicht Angst, alleine mit fünf Frauen zu fahren?“, fragt die älteste zugestiegene, rüstige Frau mit Walkingstöcken und schmunzelt. Sie ist alleine, die anderen vier sind zusammen unterwegs.
„Nein, da habe ich keine Angst. Warum auch?“, frage ich. Lacht die eine:
„Dann warten sie mal, bis wir die Krallen ausfahren.“
„Ja, es ist an der Zeit, das mit der Belästigung mal umzukehren“, lacht die nächste.
„Jetzt krieg ich dann plötzlich doch noch Angst“, sage ich und die Stimmung ist die ganze Überfahrt heiter. Drüben angekommen sage ich:
„So, jetzt habe ich aber Glück gehabt, ist mir nichts passiert.“
„Oder auch nicht“, meint eine der Damen und lacht mir beim Aussteigen frech ins Gesicht, „jede Medaille hat zwei Seiten.“

Später kommt die Dame mit den Stöcken alleine zurück. Ich fahre sie auf die Wabernseite.
„Sie sind oft hier“, stelle ich fest.
„Ja, ich mache die Spaziergänge aus Gewohnheit. Ich wohne in Wabern. Schon als Kind kam ich hier vorbei. Ich bin im Kirchenfeld aufgewachsen.“
„Dann sind sie noch mit der Holzfähre gefahren?“
„Nein, da gab es keine Fähre zu dieser Zeit. Auch kein Restaurant.“
„Aber das alte Restaurant war ja uralt“, meine ich.
„Ich bin auch uralt.“
„Ich habe gemeint, da sei immer eine Fähre gewesen.“
„Nein, das ist nicht so. Ich bin jetzt neunzig jährig. Als ich vier oder fünf jährig war gab es kein Restaurant und keine Fähre.“
Ich rechne. Das muss um das Jahr 1933 gewesen sein.