Draussen schneit es in dicken Flocken, das Holz knistert im Ofen, langsam wird es warm im Fährhaus, jemand drückt auf die Klingel.
Ich ziehe Schal, Jacke, Mütze, Handschuhe, Maske an, schnalle die Brieftasche um und gehe nach draussen.
Kurz darauf fahre ich einen Mann über die Aare. Die Schneeflocken wirbeln um uns herum, er sitzt auf einem Kissen, die Hände in den Taschen seines Mantels vergraben und fragt: «Heute ist vermutlich nicht viel los?»
«Ich weiss nicht. Mal schauen was der Tag bringt. Zurzeit gehen viele Leute spazieren. Bei jedem Wetter», antworte ich.
«Wie oft fahren sie durchschnittlich pro Tag über die Aare?»
«Ich zähle die Fahrten nicht. Ich weiss nur, wie viele Fahrkarten ich verkaufe, weil sie nummeriert sind.»
Er fragt weiter: «Und was bedeutet das auf die Anzahl Überfahrten?»
«Das könnte man vielleicht ausrechnen, aber es würde nicht stimmen.»
«Warum nicht?»
«Weil die Anzahl der Fahrgäste immer verschieden ist.»
Der Mann schaut mich an und überlegt. Er holt Luft für die nächste Frage, doch er schweigt und blinzelt über die Aare ins Schneegestöber. Nach einem Moment wendet er sich wieder an mich:
«Ich stelle im Moment zu viele Fragen. Zum Beispiel frage ich mich auch wie lange die Maskenpflicht noch andauern wird.»
«Hm, wer weiss das schon?», frage ich zurück.
«Vielleicht der Fährima?»
Wir schauen uns eine Weile schweigend an.
«Ich weiss nur, dass das vorbei geht», sage ich.
Der Mann schaut mich ernst an, auf einmal erhellt sich sein Blick:
«Wenn wir nach der Uhr gehen, verpassen wir vieles. Aber wenn wir die Zeit haben, dann leben wir. Das findet statt. Hier. Auch wenn es vorbei geht», sagt er begeistert.
Seine Augen lächeln und auf seinen Wimpern schmelzen Schneeflocken. Die Fähre gleitet lautlos auf die Rampe.