Sonntag, 26.08.2018

L’heure bleue mit Mich Gerber & Andi Pupato

Messdaten:

  • Wetter: meist sonnig, hochnebelartige Wolkenschwaden
  • max. Temperatur Luft: 18.6 Grad Celsius
  • max. Temperatur Wasser: 19.4 Grad Celsius
  • max. Abflussmenge: 166 m3 pro Sekunde

Die kommenden drei Abende gibt Mich Gerber mit seinem Kontrabass auf der Fähre Konzerte. Mitten auf der Aare. Er ist Musiker und auch Fährmann hier. Seit einigen Jahren bespielt er die blaue Stunde – l’heure bleue. Diese Vorstellungen sind beliebt und es werden viele Zuschauer*Innen erwartet. Ich habe während diesen drei Tagen den normalen Betrieb zu sichern.
Die Vorbereitungsarbeiten beginnen um 15 Uhr, während ich weiter Gäste über die Aare führe. In den Pausen dazwischen helfe ich beim Aufbau mit. Barbara, Michs Partnerin, sagt mir wo ich helfen kann. Zuerst trage ich Klappbänke auf den Aaredamm und stelle sie auf, später montiere ich in der Fähre die Ständer und Halterungen für acht grosse Lampions mit Klebeband.
Um 18.30 Uhr trifft eine Filmcrew von Radio Télévison Suisse ein. Sie begleiten l’heure bleue für eine Sendung über Fähren. Die Regisseurin und der Kameramann fahren auf der Fähre ein paar Mal mit. Der Kameramann will wissen, von wo aus man den besten Blick auf die Fähre hat, wenn sie als Bühne in der Mitte der Aare hin- und herschwingt, und ob dieses Schwojen fein oder gross ist, und von wo aus sie die Drohne starten könnten und ob man noch etwas essen könne, bevor es losgeht.

„Bist du aufgeregt?“, frage ich Mich um 19.50 Uhr. Er hatte im Fährhaus seinen Kontrabass und sein Equipment aufgebaut und geprüft. Nun stellt er alles wieder so bereit, dass es in die Fähre getragen werden kann.
„Immer“, antwortet er, „und immer gibt es irgendeine Panne, die ich einfach ignorieren werde.“

Um 20.15 Uhr trage ich den kleinen Generator auf die Fähre und Mich und seine Leute übernehmen das Schiff. Ich hole meine Badehose im Fährhaus und gehe soweit die Aare hoch, dass ich niemanden mehr sehe. Ich ziehe mich um und lasse mich kurz in der Aare treiben. Die Luft ist viel kühler als das Wasser und es fühlt sich an, als plansche ich in einer warmen, thermischen Quelle.

Als ich zurückkomme, sind die Lichter im Fährhaus und auf der Terrasse des Fähribeizlis gelöscht und es ist ruhig. Nur das Rauschen der Aare ist zu hören. Die Zuschauer*Innen sitzen wartend auf den Bänken, am Boden auf dem Aaredamm, den Steinblöcken und an der Uferböschung. Die Fähre steht bereits mitten in der Aare, beleuchtet von den Lampions und Mich steht unter einer einfachen Ständerlampe. Auf einmal zieht er einen ersten langen Ton auf seinem Bass durch die eintretende Dämmerung. Ein  zweiter folgt, ein dritter und er webt sie mit dem Loopgerät zu einem Klangteppich. Darüber beginnt er nun eine dunkle Melodie zu spielen und eine sphärische Musik entsteht, poetisch, in einer Atmosphäre des Übergangs, von hier nach dort, vom Tag zur Nacht. Und diese Musik vermischt sich mit dem Rauschen der Aare und wird zu einem blauen Klangbild. Nach einer Stunde findet der Zauber in der nun dunklen Nacht ein Ende.